Psoriasis – Einfluss der Darmflora auf Schuppenflechte
Die Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) ist eine chronische Erkrankung, die sich nicht nur an der Haut mit Schuppung und Rötung zeigt, sondern auch zu Gelenkentzündungen führen kann. Ob diese vererbte Krankheit zum Ausbruch kommt, hängt von vielen Faktoren ab. Einer könnte eine Störung der Darmflora sein.
Friendly Fire
„Friendly Fire“ ist ein beschönigender Ausdruck für den versehentlichen Beschuss der eigenen Leute im Kampfgetümmel. Zu solchen „freundlichen Angriffen“ kommt es auch im Körper. Hier werden sie „Autoimmunerkrankungen“ genannt. Dabei erkennt das Immunsystem körpereigene Zellen nicht und attackiert, beschädigt oder vernichtet sie. Zahlreiche Studienergebnisse weisen inzwischen darauf hin, dass es sich auch bei der Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) um eine Autoimmunerkrankung handelt. Wer über die entsprechenden Erbanlagen für diese Hauterkrankung verfügt, bei dem reichen kleine Auslöser wie Infekte, Stress oder Medikamente – und schon bereitet das Immunsystem eine Entzündungsattacke gegen die eigenen Hautzellen vor. Durch diese übersteigerte Abwehrreaktion werden vermehrt bestimmte Botenstoffe (Zytokine) freigesetzt. Diese sorgen normalerweise bei Verletzungen dafür, dass sich Hautzellen schneller teilen, um Wunden zu verschließen.
Dummerweise gibt es bei der Psoriasis aber gar keine offenen Hautstellen, die mit neuen Hautzellen bedeckt werden müssten. Dadurch sammeln sich immer mehr Hornzellen an. Bei Patienten mit Psoriasis ist der Vorgang der Hauterneuerung um das Zehnfache beschleunigt, der Lebenszyklus der Hornzellen ist teilweise auf vier Tage verkürzt. Gesunde Hornzellen benötigen für diese Entwicklung hingegen einen Monat. Während gesunde Haut täglich etwa 1 Gramm Hornschuppen verliert, stößt die Haut eines Psoriasis-Patienten mitunter jeden Tag mehr als 10 Gramm Hautzellen ab – das ist fast eine Handvoll.
Weil der Körper aber nicht in der Lage ist, die Hautzellen schnell genug loszuwerden, türmen sich am Ende dieser Kettenreaktion die im Übermaß produzierten Hornzellen auf der Hautoberfläche und werden als weiß-silbrige Schuppen an Ellenbogen, Knien, Po und Kopf wahrgenommen. Lässt sich das „Friendly Fire“ nicht stoppen, folgt für die Betroffenen ein oft jahrelanger Leidensweg, denn die einmal alarmierten Abwehrzellen und Botenstoffe sorgen dafür, dass Rötungen, Juckreiz und Schuppung beständig in Gang bleiben.
Darmflora in Aufruhr
Bei Schuppenflechte scheinen die Entzündungen nicht auf die Haut beschränkt zu sein. Inzwischen spricht man bei Psoriasis deshalb von einer „systemischen Entzündung“, also einer Entzündungsreaktion, die den gesamten Organismus betrifft. Auch die Gelenke können betroffen sein und das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen steigt messbar an. Oft nehmen solche systemischen Entzündungen ihren Ausgang im Darm. In einer Studie ließen sich anhand von Darmbiopsien bei allen untersuchten Patienten mit Schuppenflechte auch Entzündungsprozesse im Verdauungstrakt nachweisen. Weitere Untersuchungen zeigen, dass bei Psoriasis die Darmflora oft erhebliche Störungen aufweist. Von diesen so genannten „Dysbiosen“ weiß man, dass sie Entzündungsprozesse weiter anheizen.
Warum ist das so? Bakterien können in unserem Körper einige Schalter umlegen und dadurch wichtige Abläufe beeinflussen. Bei Autoimmunerkrankungen kann die Darmflora sowohl als Kriegstreiber wie auch als Friedensstifter in Erscheinung treten. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sprechen dafür, dass die Schuppenflechte, aber auch die Psoriasis Arthritis – eine Gelenkentzündung, die bei etwa jedem fünften Betroffenen die Hautsymptome begleitet – durch eine Störung der Darmflora mit verursacht werden könnte.
Mangel an bakterieller Vielfalt bei Psoriasis
Eine ganz wichtige Voraussetzung für eine gesunde Haut scheint die Vielfalt der Mikroorganismen in unserer Darmflora zu sein. Geht diese zurück, werden dadurch zahlreiche Krankheiten begünstig. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass es der Bakteriengemeinschaft von Patienten mit Schuppenflechte auf der Haut und auch mit psoriasisbedingten Gelenkbeschwerden vor allem an Vielfalt mangelt. Es fehlen verschiedene nützliche Bakterienstämme wie das Schleimhaut-schützende Akkermansia muciniphila oder Butyratbildner wie Coprococcus-Keime. Aufgrund dieser Dysbalance wird es für das Immunsystem schwer, Entzündungen in Schach zu halten und das Autoimmungeschehen zu stoppen.
Prä- und Probiotika gegen Hautkrankheiten
Studien belegen die Bedeutung eines gesunden Darmmikrobioms in der Behandlung der Schuppenflechte und anderer Hauterkrankungen. Experten sprechen hier von der so genannten „Darm-Haut-Achse“. Darmbakterien sind in der Lage, komplexe Immunmechanismen auch außerhalb des Verdauungstraktes zu beeinflussen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Beeinflussung des Darmmikrobioms mit präbiotischen Ballaststoffen und probiotischen Bakterien einen günstigen Einfluss auf entzündliche Hauterkrankungen einschließlich der Schuppenflechte haben kann. Neben den klassischen Probiotika wie Milchsäurebakterien (Bifidobakterien, Lactobazillen) sollten sich Psoriasispatienten auch um die Darmschleimhaut-schützenden und Butyrat-bildenden Bakterien kümmern. Diese können aber aus unterschiedlichen Gründen nicht mit Nahrungsergänzungsmitteln zugeführt werden, sondern lassen sich nur indirekt mit Hilfe von Präbiotika in ihrer Entwicklung fördern. Präparate, die sowohl gesunde Bakterien als auch das präbiotisches „Bakterienfutter“ enthalten, werden als Synbiotika bezeichnet. Für die Keime, die die Therapie der Schuppenflechte unterstützen können, ist vor allem resistente Stärke wichtig. Weitere Infos zur resistenten Stärke.
Quellen
Alesa DI, Alshamrani HM, Alzahrani YA, Alamssi DN, Alzahrani NS, Almohammadi ME (2019) The role of gut microbiome in the pathogenesis of psoriasis and the therapeutic effects of probiotics. J Family Med Prim Care. 8(11):3496-3503. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6881942/