Aktuelles Darmgesundheit

Stress – wie probiotische Bakterien helfen

Stress zu reduzieren, ruhiger und gelassener werden – das sind gute Vorsätze auf dem Weg zu mehr Fitness und Gesundheit. Viele Stressoren lassen sich nur schlecht beseitigen. Aber wir können wahrscheinlich indirekt mit Hilfe probiotischer Bakterien auf unser Stressempfinden Einfluss nehmen, denn Stress und Darmflora lassen sich nach neuesten Erkenntnissen nicht voneinander trennen.

Gesunde Darmflora gegen Stress

Setzt man Versuchstiere in jungen Jahren großem Stress aus, z.B. indem man Rattenbabys direkt nach der Geburt von ihren Müttern trennt, dann hinterlässt das Spuren im Mikrobiom, die sich auch bei den erwachsenen Tieren noch nachweisen lassen. Und die Tiere können ihr Leben lang Stress schlecht verarbeiten. Auch Tiere, die ohne Darmflora aufgezogen werden, können ihr ganzes Leben nicht gut mit psychischem Druck umgehen. Sie reagieren auf Stressbelastungen ungewöhnlich stark und haben Defizite in ihrem sozialen Verhalten. Das zeigt, dass das Mikrobiom einen enormen Einfluss auf unser Verhalten und unseren Umgang mit Stress hat.

Auch bei uns Menschen führt Stress zu einer Veränderung der Darmflora. Studenten haben zum Beispiel in der anstrengenden Prüfungsphase weniger gesunde Milchsäurebakterien im Stuhl als in den relaxten Semesterferien. Insgesamt kann man beobachten, dass die Vielfalt des Mikrobioms unter Stress zurückgeht.
Und wie kann ich diese Erkenntnis nutzen? Setzte man Versuchstiere mehrere Tage starken Stressbelastungen aus, transplantierte ihnen aber anschließende die Darmkeime entspannter Artgenossen, dann bewältigten sie den Stress besser und waren nicht so anfällig für Entzündungen. In anderen Studien konnten sich Mäuse Lerninhalte besser merken, wenn sie bestimmte Bakterien erhielten. Auch Stressresistenz und psychische Belastbarkeit stiegen.

Wie probiotische Bakterien Stress reduzieren

Nicht immer lassen sich die Ergebnisse von Tierversuchen auch auf den Menschen übertragen. In diesem Fall hat das aber super funktioniert. Erhielten Versuchspersonen Bifidobakterien (z.B. B. longum) oder andere Probiotika, dann zeigten sich im EEG mehr Thetawelllen, die für einen ausgeglichenen und entspannten Gemütszustand sprechen, Stress wurde von den Teilnehmern als weniger schlimm empfunden. Doch probiotische Bakterien können noch mehr. Zu Studienzwecken aßen Frauen vier Wochen lang zweimal täglich einen Joghurt, der einen speziellen Bakterienmix enthielt, von dem die Forscher annahmen, dass er sich positiv auf den Darm auswirken würde.

Eine weitere Gruppe verzehrte einen Joghurt ohne Bakterien. Nach vier Wochen Genuss des probiotischen Milchprodukts fühlten sich die Teilnehmerinnen nicht nur subjektiv wohler, waren weniger ängstlich und gestresst, sondern auch ihr Stresshormonspiegel sank messbar ab. Schaute man dann mithilfe bildgebender Verfahren den grauen Zellen bei der Arbeit zu, ließ sich feststellen, dass die „guten“ Bakterien auch Vorgänge im Gehirn nachweislich positiv veränderten. In der Placebogruppe ließen sich diese Veränderungen nicht nachweisen.

Das Fazit zahlreicher Studien und Übersichtsarbeiten fällt inzwischen ähnlich aus: Probiotika konnten in verschiedenen Untersuchungen depressive Symptome und Ängste lindern. Die Studien deuten darauf hin, dass Probiotika geeignete Zusatztherapien bei Stress oder psychischen Belastungen und emotionale Störungen sein könnten. Daher sei es wichtig, dass Probiotika in Zukunft stärker auch bei starker Stressbelastung als zusätzliche Option in Betracht gezogen werden. (Chao 2020)

Quellen

Chao L, Liu C, Sutthawongwadee S, Li Y, Lv W, Chen W, Yu L, Zhou J, Guo A, Li Z, Guo S. (2020) Effects of Probiotics on Depressive or Anxiety Variables in Healthy Participants Under Stress Conditions or With a Depressive or Anxiety Diagnosis: A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Front Neurol. 11:421. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7257376/

Messaoudi M et al (2011) Assessment of psychotropic-like properties of a probiotic formulation (Lactobacillus helveticus R0052 and Bifidumbacterium longum R0175) in rats and human subjects. Br J Nutr. 105(5):755-64. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20974015/