Darmbakterien scheinen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa den Krankheitsverlauf entscheidend zu beeinflussen. Die Darmflora ist bei Patienten anders zusammengesetzt und weniger Vielfältig als bei Gesunden. Anhand des Mikrobioms lässt sich sogar das Rückfallrisiko nach einem überstandenen Colitis ulcerosa Schub voraussagen und die Darmflora von Neugeborenen betroffener Mütter zeigt ebenfalls typische Veränderungen.
Bei Colitis ulcerosa handelt es sich um eine chronische Entzündung des Dickdarms. Die Betroffenen leiden unter starken Bauchbeschwerden und blutigen Stühlen. Die Erkrankung verläuft in Schüben, d.h. Phasen mit erhöhter Krankheitsaktivität wechseln sich mit Zeiten scheinbarer Ruhe ab. Mit täglich bis zu 10 und mehr Toilettengängen ist im akuten Schub ein normales Alltagsleben kaum möglich. Die genauen Ursachen der Colitis ulcerosa sind nicht bekannt. Wahrscheinlich müssen mehrere Faktoren zusammenkommen, damit die Krankheit ausbricht. Dazu zählen Umwelteinflüsse, bestimmte Erbanalgen und die Ernährung. Unstrittig ist aber inzwischen, dass auch die Darmflora einen entscheidenden Einfluss auf das Krankheitsgeschehen hat und möglicherweise ein wichtiger Auslöser der Erkrankung ist.
Im Rahmen einer Studie führte man Darmfloraanalysen bei mehr als 100 Schwangeren durch. Ein Teil litt an Colitis ulcerosa, ein Teil war gesund. Anhand der Stuhlproben ließ sich feststellen, dass eine Colitis ulcerosa der Mutter auch zu Veränderungen der Darmflora des Kindes führt. Der Nachwuchs erkrankter Mütter wies ähnliche Veränderungen des Mikrobioms auf. Selbst 3 Monate nach der Entbindung ließen sich diese noch feststellen.
Es gibt Veränderungen der Darmflora, die für Colitis ulcerosa typisch sind. Regelmäßig hat die Darmflora der Patienten ihre wichtige Artenvielfalt verloren. Vor allem mangelt es an bestimmten schleimhautschützenden Mikroorganismen. Andere Keime, die Entzündungen fördern, treten hingegen vermehrt auf. Auffallend ist ein deutlicher Mangel an Butyrat bildenden Mikroorganismen. Butyrat, besser bekannt als „Buttersäure“, ist eine wichtige, kurzkettige Fettsäure. Sie wird gebildet, wenn die Darmflora bestimmte Nahrungsballaststoffe verstoffwechselt. Sowohl für die Darmflora selbst als auch für uns Wirte ist Buttersäure eine wichtige Energiequelle.
Der größte Anteil des Butyrats kommt dabei unseren Darmzellen zu Gute. Mehr als 70 Prozent der Energie, die die Epithelzellen des Dickdarms und die Darmschleimhaut benötigen, gewinnen sie normalerweise aus diesen kurzkettigen Fettsäuren. Eine gute Versorgung mit Butyrat schützt den Darm vor Entzündungen und auch vor Darmkrebs und stärkt die Darmbarriere. Die Tatsache, dass Menschen mit Colitis ulcerosa gleichzeitig auch ein deutlich erhöhtes Darmkrebsrisiko haben, belegt, dass es offensichtlich enge Verbindungen zwischen Darmentzündungen, Butyratmangel und Darmkrebsentstehung gibt.
Zu den wichtigsten Butyratbildenden Bakterienstämmen zählen Faecalibacterium prausnitzii, Akkermansia muciniphila und Ruminokokkus. Diese sind bei Colitis ulcerosa regelmäßig verringert. Doch sie werden dringend benötigt, denn deren Stoffwechselprodukte können Darmentzündungen verhindern.
Und ein weiterer Rückgang der schützenden Keime kann sogar einen neuen Schub ankündigen. Ruminokokken sind besonders wichtig im Kampf gegen Colitis, da sie zusätzlich zur Butyratbildung noch in der Lage sind, primäre in sekundäre Gallensäure umzuwandeln. In Studien konnte man feststellen, dass bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im Dickdarm eine Unterversorgung mit diesen sekundären Gallensäuren besteht. Ein Mangel erhöht jedoch das Risiko für chronische Darmentzündungen.
Leider lassen sich die fehlenden Bakterien nicht direkt zuführen, sondern man kann sie nur indirekt durch ausreichend präbiotische Ballaststoffe fördern. Um größere Mengen Butyrat zu bilden, benötigt der Organismus genügend Ausgangsmaterialien, vor allem resistente Stärke und Bakterien, die diese in Buttersäure umwandeln könne.
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Parallel dazu steigt die Zahl der Mikroorganismen, die Entzündungen fördern, deutlich an. Vor allem E. coli, Proteobakterien und Fusobakterien nehmen zu. Bakterien mit seltsamen Namen wie Desulfobacter oder Desulfovibrio sind in der Lage, Sulfat (Schwefel) zu verarbeiten. Schwefel, das wir oft als Konservierungsmittel mit der Nahrung aufnehmen, kann im Körper in Zellgifte umgewandelt werden. Doch diese schwefelabbauenden Mikroorganismen blockieren gleichzeitig die Verwendung von Butyrat als Energiequelle für die Darmschleimhaut.
Eckert N (2017) Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa: Mikrobiom des Kindes reagiert auf Darmerkrankungen der Mutter. Dtsch Arztebl 114(17): A-840 / B-712 / C-698.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/188234/Morbus-Crohn-und-Colitis-Ulcerosa-Mikrobiom-des-Kindes-reagiert-auf-Darmerkrankungen-der-Mutter
Sinha SR et al. (2016) Dysbiosis-Induced Secondary Bile Acid Deficiency Promotes Intestinal Inflammation. Cell Host & Microbe 27 (4):659-670. https://www.cell.com/cell-host-microbe/pdf/S1931-3128(20)30062-7.pdf?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS1931312820300627%3Fshowall%3Dtrue
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