Aktuelles Darmgesundheit

Parodontose – Zahnpflege schützt vor Darmkrebs

Ein Mundschleimhautbakterium, das sich bei Parodontose und Parodontitis rasch auf der Mundschleimhaut vermehrt und dann in größeren Mengen verschluckt werden kann, steht in Verdacht, Darmkrebs zu begünstigen.

Nicht nur unser Darm ist ein bakterielles Biotop. Auch die Mundschleimhaut ist dicht mit Mikroorganismen besiedelt. Je nach Zusammensetzung schützen uns die Mundkeime vor Karies und Parodontose oder fördern diese im ungünstigen Fall. Seit kurzem rückt ein Keim mit dem Namen Fusobacterium nucleatum in den Fokus der Mikrobiomforscher. Dieses Bakterium hat bis vor einigen Jahren nur den Zahnarzt interessiert, denn der Lebensraum von F. nucleatum ist eigentlich der Mund. In geringer Konzentration ist der Keim auch im gesunden Zahnfleisch nachweisbar. Sind jedoch die Lebensbedingungen zum Beispiel bei mangelnder Mundhygiene günstig, breitet sich das Fusobakterium rasant aus und fördert die Entstehung von Parodontose und Parodontitis, also von Zahnfleischschwund und Entzündungen des Zahnhalteapparates. In diesem Fall können größere Mengen des Keims durch kleine Verletzungen des Zahnfleischs ins Blut gelangen oder auch verschluckt werden und sich dann bis zum Dickdarm durchschlagen und sich dort ansiedeln. Beides kann sich ungünstig auf unsere Gesundheit auswirken. F. nucleatum wird inzwischen mit einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten, Arterienverkalkung und Darmkrebs in Verbindung gebracht und die Beweislast ist erdrückend.

Parodontose Bakterien begleiten Darmkrebszellen 

Darmkrebs zählt zu den häufigsten Krebsarten in Deutschland. Die typische westliche Ernährung mit viel Fleisch, Kohlenhydraten und wenigen Ballaststoffen sowie eine erbliche Vorbelastung erhöhen das Risiko zu erkranken. Doch möglicherweise muss man zukünftig noch einen anderen Risikofaktor berücksichtigen, nämlich das Vorkommen von F. nucleatum im Darm. Wissenschaftler haben kürzliche festgestellt, dass dieser Keim in einer gut funktionierenden Wohngemeinschaft mit Darmkrebszellen lebt. In Tumorgewebe wird er 79-mal häufiger nachgewiesen, als in gesunden Darmzellen. Selbst, wenn der Tumor Metastasen bildet, dann nimmt er den Keim mit. Genetisch identische Bakterien waren im Primärtumor im Darmgewebe ebenso nachweisbar wie in Absiedelungen in der Leber. Hatten die ursprünglichen Tumorzellen aber keine bakteriellen Begleiter, dann fand man diese auch nicht in den Tochtergeschwülsten.

Warum besteht diese enge symbiotische Beziehung zwischen dem Bakterium aus der Mundhöhle und dem Tumor am anderen Ende des Magen-Darm-Trakts? Die Antwort ist ebenso einfach wie unheimlich: Weil beide einen deutlichen Nutzen haben. F. nucleatum profitiert von der meist sauren Umgebung des Tumors und kann sich dort gut ansiedeln. Dafür hält das Bakterium eine schützende Hand über die Krebszellen, indem es den so genannten „programmierten Zelltod“ (Apoptose) durch die klassischen Chemotherapien verhindert. Dadurch werden die Tumorzellen resistent gegen die Anti-Krebs-Therapie. Und auch das Immunsystem kommt nicht mehr an die entarteten Zellen ran, wenn F. nucleatum sie beschützt. Das Bakterium hindert die Killerzellen des Immunsystems (der Name ist hier Programm) daran, die feindlichen Krebszellen zu eliminieren, indem es wichtige Andockstellen (Rezeptoren) der Immunzellen blockiert.

Antibiotika oder Probiotika?

Nun liegt die Frage auf der Hand, ob zum Beispiel Antibiotika den Tumor seines Bakterienschutzes berauben können. Die interessante Antwort: Ja, sie können es – aber nur zum Teil. Die Behandlung mit dem Antibiotikum Metronidazol führte zumindest bei Tieren zu einer messbaren Verkleinerung des Tumors, nicht aber zum völligen Verschwinden. Als Kontrolle diente eine Gruppe Mäuse, die mit einem anderen Antibiotikum (Erythromycin) behandelt wurden, gegen das die Keime aber resistent sind. Hier schrumpften die Krebsgeschwüre nicht.

Auch probiotische Kaugummis oder Lutschtabletten können die Mundflora verbessern und die Behandlung einer Parodontose oder Parodontitis unterstützen

Quellen:

https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Zaehneputzen-schuetzt-offenbar-das-Herz-404583.html?utm_campaign=AEZ_NL_TELEGRAMM&utm_source=2019-12-02-AEZ_NL_TELEGRAMM&utm_medium=email&tid=TIDP404194X46AE113778C042CD94D0F8846E712444YI4