Aktuelles Darmgesundheit

Butyrat, das wertvolle Elixier der Darmflora

Unsere Darmflora bildet zahlreiche Stoffwechselprodukte, die im Körper für unsere Gesundheit wichtige Aufgaben übernehmen. Vor allem die Gruppe der kurzkettigen Fettsäuren, zu der Acetat (Essigsäure), Propionat (Propionsäure) und Butyrat (Buttersäure) gehören, sind bedeutende Gesundheitsbooster. Geht die Produktion der kurzkettigen Fettsäuren zurück, steigt das Risiko für eine Vielzahl von Erkrankungen.

Kurzkettige Fettsäuren entstehen im Darm durch den bakteriellen Abbau so genannter Präbiotika. Präbiotika sind pflanzliche Ballaststoffe, die wir Menschen nicht verdauen können. Von dort gelangen sie unverändert in den Dickdarm und stehen als „Futter“ für die Bakterien zur Verfügung. Die Mikroorganismen wandeln sie in wertvolle Fettsäuren um. Sowohl für die Darmflora als auch für uns Wirte sind diese Fettsäuren wichtige Energiequellen. Das meiste kommt dabei den Darmzellen zu Gute. Mehr als 70 Prozent der Energie, die die Epithelzellen des Dickdarms und die Darmschleimhaut benötigen, gewinnen diese aus Fettsäuren, vor allem aus Butyrat.

Kurzkettige Fettsäuren gelangen leicht durch die Darmwand in die Blutbahn. Dadurch können sie jeden Winkel des Körpers erreichen und sich im gesamten Organismus nützlich machen. Ihre Wirkung entfalten sie, indem sie an Zellrezeptoren anheften. Diese Andockstellen für kurzkettige Fettsäuren sitzen vor allem auf Immunzellen und auf Zellen, die im Fett- und Zuckerstoffwechsel eine Rolle spielen. Kein Wunder also, dass die Bakterienmetaboliten wirksame Waffen gegen Übergewicht, Leberverfettung, Zuckerkrankheit und Entzündungen aller Art sind.

Butyrat füttert die Darmzellen

Von besonderer Bedeutung ist Butyrat, das Salz der Buttersäure. Butyrat riecht unangenehm, doch für unsere Darmzellen ist Buttersäure ein Leckerbissen und unerlässlich für deren Gesundheit und Funktionsfähigkeit. Ohne Butyrat würden sie jämmerlich verkümmern und das würde die Darmbarriere schwächen und ein leaky gut Syndrom begünstigen. Denn, um wichtigen Nährstoffen und Botenstoffen den Eintritt in den Körper zu erlauben, unerwünschten Eindringlingen aber die Stirn zu bieten und diese wirkungsvoll abzuhalten, existiert ein darmeigenes Sicherheitssystem, die sogenannte Darmbarriere. Dazu tackern druckknopfartigen Verbindungen, die sogenannten „Tight Junctions“, die Zellen aneinander.

Doch die Darmbarriere darf keine unpassierbare Grenze sein, sondern muss über einen cleveren Öffnungs- und Schließmechanismus verfügen. Sie sollte sowohl durchlässig sein für alles, was in den Körper gelangen muss, als auch absolut dicht für alles andere. Ein Teil dieses Schließsystems wird durch Botenstoffe geregelt. Butyrat ist ein wichtiger Teil dieses Sicherheitskonzepts. Es festigt die Druckknopf-Verbindungen zwischen den Zellen und versiegelt auf diese Weise die Darmbarriere.

Dadurch verhindert Buttersäure, dass große Nahrungsbestandteile, Umweltschadstoffe oder Bakterien aus dem Darm (wo sie gut sind) in die Darmwand (wo man sie nicht haben möchte) eindringen und dort Entzündungen auslösen. Deshalb profitieren Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder M. Crohn auch von einem ausreichenden Spiegel an kurzkettigen Fettsäuren. Butyrat stabilisiert bei ihnen die Darmbarriere und lindert Entzündungen. Allerdings fehlen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oft gerade die Butyrat bildenden Mikroorganismen.

Zonulin, der Butyrat Gegenspieler

Der Butyratgegenspieler ist Zonulin. Er hat den Schlüssel für die Geheimtür und kann die Tight junctions öffnen. Normalerweise entsteht dadurch nur ein schmaler Spalt. Winzige Nahrungsbestandteile können dann diesen Schleichweg in den Körper nutzen. Doch bereits bei einer leichten Dysbiose kommt das Gleichgewicht durcheinander. Dann produziert die gestörte Darmflora weniger Buttersäure und die ausgehungerten Darmzellen bilden mehr Zonulin. Diese Konstellation führt zu einer deutlich erhöhten Durchlässigkeit des Schutzwalls, die eine ganze Kaskade an negativen Folgen auslösen kann. Man bezeichnet diesen Zustand als „löchrigen Darm“ oder auch „leaky gut Syndrom“.

Butyrat und Propionat schützen vor Darmkrebs

Doch Butyrat kann noch viel mehr. Gemeinsam mit der Darmflora und einer weiteren kurzkettigen Fettsäure, dem Propionat, senkt Buttersäure das Risiko für Dickdarmkrebs. Die beiden Fettsäuren sind nämlich in der Lage, entartete Zellen in den Selbstmord zu treiben. Dazu aktivieren die Fettsäuren den Schalter für den programmierten Zelltod (Apoptose). Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass potentiell gefährliche Zellen sich selbst ausschalten. Patienten mit Dickdarmkrebs weisen – ähnlich wie Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – zu wenige butyratbildende Bakterien in ihrem Mikrobiom auf.

Die Tatsache, dass Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auch ein deutlich erhöhtes Darmkrebsrisiko haben, belegt, dass es offensichtlich enge Verbindungen zwischen Entzündungen, Butyratmangel und Darmkrebsentstehung gibt.

Wer sorgt für Butyrat im Darm?

Butyratproduzierende Bakterien haben oft unaussprechliche Namen. Die wichtigsten Vertreter sind Faecalbacterium prausnitzii, Roseburia, Eubacterium, Ruminococcus, Butyrivibrio crossotus

Literatur

Ärztezeitung (2018) Butyrat-bildende Darmbakterien identifiziert https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Butyrat-bildende-Darmbakterien-identifiziert-222694.html

Thirunavukkarasan M, Wang C, Rao A et al. (2017) Short-chain fatty acid receptors inhibit invasive phenotypes in breast cancer cells. PLoS One. 12(10):e0186334. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5648159/

Vital M, Karch A, Piepera DH (2017) Colonic Butyrate-Producing Communities in Humans: an Overview Using Omics Data. mSystems. 2(6): e00130-17 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5715108/

Walker AW, Duncan SH, McWilliam Leitch EC et al (2005) pH and peptide supply can radically alter bacterial populations and short-chain fatty acid ratios within microbial communities from the human colon. Appl Environ Microbiol. 71(7):3692-700 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1169066/