Aktuelles Darmgesundheit

Probiotika-Diät: Wie gesunde Bakterien beim Abnehmen helfen können

Die Probiotika-Diät verändert die Kalorienresorption durch die Darmflora und ermöglicht dadurch eine langfristige Gewichtsreduktion. Wenn Sie abnehmen möchten, dann sind die richtigen Probiotika und eine gesunde Darmflora wichtige Verbündete.
Weltweit nehmen Gewichtsprobleme zu und auch in Deutschland trägt jeder Zweite zu viele Pfunde mit sich herum, jeder Zehnte leidet unter Zuckerkrankheit und eine von fünf Personen hat erhöhte Cholesterinspiegel.

Gewichtsreduktionsprogramme gibt es wie Sand am Meer, langfristig helfen tun die wenigsten. Doch was unterscheidet die Probiotika-Diät von den bisherigen Gewichtsreduktionsprogrammen? Sie bezieht das Darmmikrobiom mit ein! Wenn Sie abnehmen möchten, dann ist Ihre Darmflora nämlich ein enger Verbündeter.

Probiotika-Diät: Unser Mikrobiom steuert unser Gewicht

Die Darmflora, Experten sprechen vom „Mikrobiom“, umfasst 100 Billionen Mikroorganismen, vor allem Bakterien, aber auch ein paar Viren und Pilze.

Die Hauptaufgabe der Mikroorganismen ist die Verarbeitung von Ballaststoffen. Daraus bilden die Bakterien eine Vielzahl von Substanzen wie Hormonvorstufen, Antioxidantien, Nervenbotenstoffe oder kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat oder Propionat. Je nach Zusammensetzung des Mikrobioms werden mehr gesunde, nützliche Metaboliten produziert oder solche, die Erkrankungen und Entzündungen begünstigen können. Diese vom Mikrobiom produzierten Substanzen bleiben nicht nur im Darm, sondern gelangen über die Blutbahn zu jeder Zelle und jedem Organ des Körpers. Dadurch beeinflusst das artenreiche Ökosystem im Verdauungstrakt auch unseren Stoffwechsel, kann Appetit und Hunger steuern, auf die Speicherung von Fettgewebe einwirken, Stresshormone senken und sogar unsere Essensvorlieben verändern.

Zahlreiche Studien haben inzwischen gezeigt, dass die Darmflora auf diese Weise einen großen Einfluss auf das Körpergewicht und die Entstehung von Übergewicht und Begleitkrankheiten wie Bluthochdruck, Zuckerkrankheit oder Probleme mit dem Fettstoffwechsel hat. Ist das Gleichgewicht des Mikrobioms gestört, dann gerät auch die Steuerung des Körpergewichts und des Energiehaushalts aus der Balance.

Kalorienaufnahme hängt vom Mikrobiom ab

Schon vor mehr als zehn Jahren konnte bestätigt werden, dass sich die Bakterienzusammensetzung übergewichtiger Menschen von der schlanker Personen deutlich unterscheidet. Wer keine Gewichtsprobleme hat, dessen Mikrobiom ist meistens artenreicher und das Verhältnis zwischen den „Moppelbakterien“ Firmicutes und den „Schlank-Bakterien“ Bacteroidetes ist zugunsten der schlank machenden Bacteroidetes verschoben. Im Mikrobiom schlanker lassen sich mehr Bifidobakterien nachweisen und mehr Mikroorganismen wie Faecalbacterium prausnitzii oder Akkermansia muciniphilia.

Bei Übergewicht sieht es anders aus. Die Vielfalt (Diversität) der Bakterien geht zurück, wichtige „Schlankmacher“ fehlen. Dafür steigt die Zahl von Entzündungsbakterien und solchen, die viele Kalorien aus dem Essen ziehen können.

Forscher konnten vielfach nachweisen, dass diese Unterschiede zwischen dem Mikrobiom Schlanker und Übergewichtiger nicht Folge der Ernährungsgewohnheiten sind. Tatsächlich geht in vielen Fällen die Neigung zu Übergewicht direkt von der Darmflora aus. So werden bei Mäusen mit einem veränderten, ungesunden Mikrobiom mehr Stoffe im Darm produziert, die eine Gewichtszunahme fördern und gleichzeitig geht die Bildung schlank machender Botenstoff messbar zurück.

Und offensichtlich hängt auch die Menge der Kalorien, die ihren Weg vom Teller in unseren Körper finden zu etwa 10 Prozent von unseren Darmbakterien ab. US-amerikanische Wissenschaftler verglichen Stuhlproben und Kalorienaufnahme von schlanken und übergewichtigen Probanden und wiesen eindeutig nach, dass ein Mikrobiom, das aus der Balance geraten ist, deutlich mehr Kalorien aus dem Essen zieht als eine gesunde, ausgewogene Darmflora. Der Unterschied beträgt mindestens 150 Kcal pro Tag. Das hört sich vielleicht nicht viel an, aber übers Jahr summieren sich diese vom Mikrobiom in den Körper eingeschleusten Zusatzkalorien auf 7 bis 8 zusätzliche Kilo Fettgewebe – und das ist dann durchaus relevant für Figur und Gesundheit. Unser Mikrobiom kann uns demnach zu einem guten Futterverwerter machen, wenn wir nicht gegensteuern. Möglich ist das mit der Probiotika-Diät.

Die Probiotika-Diät – ein ganz neuer Ansatz

In den letzten Jahren hat sich ein besonderer Diät-Ansatz etabliert, der verstärkt die Aufmerksamkeit auf sich zieht: die Probiotika-Diät. Bereits 2014 hat die Ernährungsmedizinerin Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann diesen innovativen Ansatz in ihrem Buch „Schlank mit Darm“ beschrieben. Ziel ist es, das Mikrobiom mit Hilfe geeigneter probiotischer Bakterien, aber auch präbiotischer Ballaststoffe und einer darmfreundlichen Ernährung in Richtung „schlank“ zu programmieren.

Doch was steckt wirklich dahinter, und wie können Probiotika beim Abnehmen helfen? Unter Probiotika versteht man lebende Mikroorganismen, die für die Gesundheit des Darms und des gesamten Organismus von Vorteil sein können. Probiotika sind in bestimmten Lebensmitteln sowie in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten. Bei ausreichendem Konsum tragen sie dazu bei, das Gleichgewicht der Darmflora zu erhalten und zu verbessern. Besonders bekannt sind dabei die Bakterienstämme Lactobacillus und Bifidobacterium.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Einnahme probiotischer Bakterien erhebliche Anti-Übergewichts-Effekte haben kann und sich auf Körpergewicht, Bodymass-Index und Bauchumfang ebenso auswirken kann wie auf Blutzuckerspiegel und Entzündungswerte.

Die richtigen Bakterien für die Probiotika-Diät finden

Doch im Darm machen nicht alle Bakterien das Gleiche. Deshalb kommt es oft darauf an, welche probiotischen Bakterienstämme eingenommen werden, um bei gesundheitlichen Problemen etwas zu erreichen. Das gilt auch für die richtige Auswahl der Mikroorganismen für die Probiotika-Diät. Denn wenn man abnehmen möchte, scheinen manche probiotischen Bakterien wirkungsvoller zu sein als andere.

Bestimmte probiotische Milchsäurestämme wie Lactobacillus gasseri, Lactobacillus plantarum, Lactobacillus paracasei oder Lactobacillus rhamnosus konnten in Studien gezielt die Fettverbrennung anregen und die Einlagerung von Fett hemmen. Und in der Gruppe der Bifidobakterien taten sich vor allem Bifidobacterium adolescentis, Bifidobacterium animalis sub. lactis und Bifidobacterium longum hervor durch besonders gute Effekte auf Gewicht, die Spiegel der Sättigungshormone und eine Reduktion von Entzündungen. Wichtig ist, dass die Zahl der probiotischen Bakterien, die in einem Produkt enthalten sind, ausreichend hoch dosiert eingenommen werden. 10 bis 20 Milliarden Bakterien sollten pro Tag aufgenommen werden, um in einem überschaubaren Zeitraum Ergebnisse zu erzielen.

Andere Bakterienstämme, die durchaus ihre Berechtigung bei verschiedenen gesundheitlichen Problemen haben, sollte man eher meiden, wenn man abnehmen möchte. Deshalb lohnt sich ein Blick auf die Verpackung. Verschiedene Wissenschaftler konnten in Studien nachweisen, dass es nämlich auch probiotische Bakterien gibt, mit denen das Gewicht eher nach oben tendiert. Der Wissenschaftler Matthieu Million von der Universität Marseille, Frankreich, wertete die Daten von mehr als 80 Studien und experimentellen Modellen aus und wies nach, dass Lactobacillus acidophilus sowohl bei Menschen als auch in Studien mit Tieren zu einer deutlichen Gewichtszunahme führt. Die gleiche Forschergruppe wies nach, dass das Bakterium Lactobacillus reuteri bei Übergewichtigen in hoher Zahl im Darm nachgewiesen werden kann, während bei den Betroffenen gleichzeitig wichtige Bifidobakterien fehlen.

Bei der Auswahl der richtigen Bakterien für die Probiotika Diät kann deshalb ein Blick auf die enthaltenen Bakterienstämme sehr wichtig sein.

Kann ich auch Joghurt essen, um das Mikrobiom auf schlank zu programmieren?

Die Bakterien, die zur Herstellung von Joghurt und Co. verwendet werden, stehen nicht auf der Verpackung, es sei denn, sie wurden einem „probiotischen Joghurt“ extra zugesetzt. Die Stämme, die zur Joghurtherstellung verwendet werden, sind überschaubar. Zur Joghurtherstellung werden in der Regel Streptococcus thermophilus und Lactobacillus bulgaricus eingesetzt. Bei Joghurt „mild“ wird Lactobacillus bulgaricus häufig durch den Stamm Lactobacillus acidophilus ersetzt. Zur Kefirherstellung wird meist eine Kefirknolle verwendet, die Pilze und verschiedene Lactobazillen enthält. Meist enthalten sind im Kefir Lactobacillus kefir, Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus bulgaricus, Lactotcoccus lactis oder Bifidobacterium bifidum. Der Hersteller gibt aber in der Regel nicht an, welche Keime verwendet wurden. Zur Herstellung von Brottrunk wird Lactobacillus reuteri verwendet.

Joghurt und andere vergorene Milchprodukte und Non-Milk-Produkte gehören durchaus in eine gesunde Ernährung. Um damit das Mikrobiom im Rahmen der Probiotika-Diät aktiv umzuprogrammieren, ist die Anzahl der enthaltenen Bakterien zu gering. In einem frischen Joghurt sind etwa eine Milliarde Milchsäurebakterien pro 100 ml enthalten. Zudem sind, je nach Zubereitung, auch Bakterienstämme enthalten, die nicht zu den „Schlankmachern“ gehören. In Maßen genossen schadet das nicht, man sollte aber nicht ausschließlich auf diese Nahrungsmittel setzen.

Und was muss ich bei der Probiotika-Diät noch beachten?

Zahlreiche Studien zeigen, dass Probiotika ein Gewichtsreduktionsprogramm sehr gut unterstützen und sogar ohne weitere Diätempfehlungen wirksam sein können, denn auch Appetit und Sättigungshormone werden beeinflusst und nach und nach essen die meisten dann auch weniger. Allerdings braucht man Geduld, denn erfahrungsgemäß tut sich frühestens nach zehn bis zwölf Wochen etwas auf der Waage. Zuerst muss sich nämlich das Mikrobiom durch die eingenommenen Probiotika verändern und nach und nach werden dann auch Stoffwechsel und Kalorienausnutzung beeinflusst.

Schneller geht es, wenn auch gleichzeitig noch ausreichend präbiotische Ballaststoffe mit der Ernährung oder Nahrungsergänzungsmitteln aufgenommen werden. Präbiotische Ballaststoffe werden von den Bakterien im Darm verarbeitet und regen unter anderem die Bildung von Sättigungshormonen an oder beeinflussen die Speicherung von Kalorien im Fettgewebe. Präbiotika findet man in Zwiebel- und Lauchgemüse, in Hülsenfrüchten (Bohnen, Erbsen, Linsen) oder Nüssen und Mandeln. Auch Kaffee, grüner Tee, dunkle Schokolade, grüner Tee, Cranberries, Äpfel oder Haferflocken tut dem Mikrobiom gut.

Zusätzliche können auch Nahrungsergänzungsmittel mit präbiotischen Ballaststoffen die Effekte noch verstärken. Resistente Stärke, Akazienfasern, Glucomannan, Flohsamen, Inulin oder Pektin unterstützen ebenfalls Wachstum und Vermehrung nützlicher Darmbakterien. Wichtig: Wir benötigen täglich rund 30 Gramm Ballaststoffe. Ein guter Teil davon sollte „präbiotisch“ sein. Wer sich im Rahmen der Probiotika-Diät für ein Kapselpräparat mit Bakterien entscheidet, sollte noch eines mit präbiotischen Ballaststoffen dazu nehmen. Kapseln enthalten aufgrund der geringen Füllmenge meistens nicht mehr als 0,5 Gramm dieser wichtigen Pflanzenfasern – das ist leider viel zu wenig, um dem Mikrobiom auf die Beine zu helfen.

Ausreichend Ballaststoffe sind das A und O für ein intaktes, schlankes Mikrobiom. Eine allmähliche Gewöhnung des Darms und des Mikrobioms an mehr Pflanzenfasern ist aber notwendig, sonst drohen am Anfang Blähungen und Bauchschmerzen.

Probiotika-Diät – das Fazit

Die Probiotika-Diät bietet eine vielversprechende Möglichkeit, das Körpergewicht zu regulieren und die allgemeine Gesundheit zu fördern. Nach und nach lässt sich damit gezielt die Darmflora positiv beeinflussen. Wie bei jeder Ernährungsumstellung ist es ratsam, auf die individuellen Bedürfnisse zu achten.

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