Brustkrebs – schützt eine gesunde Darmflora vor Metastasen?
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Obwohl sich die Behandlungsmöglichkeiten und damit auch die Überlebenschancen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, gibt es noch viele unbekannte Faktoren, die bestimmend für den weiteren Verlauf sind. US-amerikanische Forscher haben sich nun mit der Rolle der Darmflora auf den Krankheitsverlauf befasst.
Bei rund zwei Drittel der Patientinnen wird ein hormonempfindlicher Brustkrebs diagnostiziert. Die Zellen besitzen dann Rezeptoren, also Andockstellen für Hormone, über die das Wachstum der Krebszellen angeregt wird. Einige dieser Erkrankungen verlaufen mild, andere aggressiv und der Krebs bildet schon früh Tochtergeschwüre. Vor allem für Patientinnen mit hormonempfindlichem Brustkrebs scheint eine gesunde Darmflora besonders wichtig zu sein. Das lässt sich aus Tierversuchen und aus Studien mit Betroffenen ableiten. Wurde die Darmflora von Mäusen, die zu Brustkrebs neigen, mit einem starken Antibiotikum geschädigt, kam es schon bald zu Entzündungen des Brustgewebes und die Bildung von Tumoren und Metastasen wurde begünstigt. Die gestörte Darmflora machte den Krebs aggressiver. Nicht so bei den Nagern mit intakter Darmflora. Ein gesundes Mikrobiom war bei ihnen mit einem günstigen Krankheitsverlauf verknüpft.
Antibiotika erhöhen Brustkrebsrisiko
Was die Tierversuche vermuten ließen, bestätigte sich auch in verschiedenen Studien, die Stuhlproben von Brustkrebspatientinnen mit denen einer gesunden Kontrollgruppe verglichen: Regelmäßig fiel bei Brustkrebspatientinnen eine geringere Artenvielfalt auf. Mehrere Studien konnten einen Zusammenhang zwischen einer Antibiotikaeinnahme und einem leicht erhöhten Risiko für Brustkrebs nachweisen – je länger und je häufiger die Patientin Antibiotika genommen hatte, desto stärker zeigten sich die Zusammenhänge – selbst, wenn die Therapie mehr als zehn Jahre zurück lag. (Tamim 2008)
Butyrat-produzierende Darmflora zähmt aggressiven Brustkrebs
Bakterien können über ihre Stoffwechselprodukte das Fortschreiten von Brustkrebs hemmen. Unter anderem können kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat Einfluss auf das Selbstmordprogramm der Krebszellen (Apoptose) nehmen und so das Voranschreiten der Erkrankung beeinflussen.
Eine verarmte Darmflora kann das nicht in vollem Umfang leisten. Aggressiven Brustkrebszellen fehlen Rezeptoren, die das Wachstum bremsen. Kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat und Propionat scheinen diese Rezeptoren wieder an die Oberfläche zu locken und programmieren dadurch Brustkrebszellen zu einem weniger gefährlichen Typ um, wodurch das Risiko für Metastasen deutlich gesenkt wird. Auch bei Darmkrebs reduzieren diese Bakterienmetaboliten die Fähigkeit des Tumors, sich auszubreiten und größeren Schaden anzurichten. (Thirunavukkarasan 2017)
Vorsicht vor Östrogen-Bakterien
Brustkrebspatientinnen hatten daneben häufig auch eine größere Zahl an Bakterien, die direkt in den Östrogenstoffwechsel eingreifen können. Diese Gesamtheit der Bakterien, die in der Lage sind, Östrogene herzustellen, bezeichnet man als „Östrobolom“. Östrogene sind das „Futter“ für hormonempfindliche Krebszellen. Ein Therapieprinzip in der Behandlung hormonempfindlicher Tumore ist es, sie durch Hormonentzug „auszuhungern“. Der Abbau körpereigener Östrogene findet normalerweise in der Leber statt. Dort werden die Hormone so umgebaut, dass sie nicht wieder aus dem Verdauungstrakt resorbiert werden können und dann mit der Gallenflüssigkeit in den Darm abgegeben.
Das weitere Schicksal der Hormone hängt nun von den Bakterien ab, auf die sie treffen. Befinden sich viele Keime im Verdauungstrakt, die mit Hilfe von bestimmten Werkzeugen (Enzym β-Glucuronidase) die ausgeschiedenen Östrogene wieder in eine resorbierbare Form zurück verwandeln können, dann werden die Botenstoffe weiter unten im Darm wieder aufgenommen, in den Körper geschleust und können so theoretisch wieder das Wachstum von Krebszellen in der Brust anregen. Bakterien aus der Gruppe der Clostridien (Firmicutes) gehören zu den Mikroorganismen, die dem Körper mehr weibliche Hormone zuführen. Auch Keime aus den Gruppen Escherichia (z.B. E. coli) und Shigella besitzen diese Enzyme. (Rosean 2019) Das Östrobolom lässt sich anhand einer Stuhlprobe im Rahmen einer Mikrobiomanalyse untersuchen.
Befunde bei Brustkrebs:
Zu viele Bakterien aus der Gruppe Clostridien, Faecalibakterium prausnitzii, Ruminococcus, Blautia und E. coli
Mangel an Bakterien aus der Gruppe Bifidobakterien, Dorea and Lachnospiracea
Rosean CB, Bostic RR, Ferey J et al (2019) Pre-existing commensal dysbiosis is a host-intrinsic regulator of tissue inflammation and tumor cell dissemination in hormone receptor-positive breast cancer. Cancer Res May 7 2019 https://cancerres.aacrjournals.org/content/early/2019/05/07/0008-5472.CAN-18-3464
Tamim HM, Hanley JA, Hajeer AH et al. (2008) Risk of breast cancer in relation to antibiotic use. PDS 17 (2): 144-150 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/pds.1512
Thirunavukkarasan M, Wang C, Rao A et al. (2017) Short-chain fatty acid receptors inhibit invasive phenotypes in breast cancer cells. PLoS One. 12(10):e0186334. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5648159/