Aktuelles Darmgesundheit

Gesunde Darmflora gegen Corona-Pfunde

Homeoffice, Homeschooling, Homestudying – Corona hat den Tagesablauf grundlegend verändert. Dadurch ist unser Bewegungsradius messbar gesunken, die Kalorienzufuhr gleichzeitig gestiegen. Wir laufen nicht mehr hinter dem Bus her, die Treppenhäuser der Büros sind verwaist und Fitnessstudios, Tennisplätze und Schwimmbäder waren wochenlang geschlossen oder sind es noch immer. Schätzungen zufolge werden durch den neuen Lebensstil pro Tag rund 400 Kalorien weniger verbrannt. Dafür ist der Kühlschrank ständig in Reichweite. Kochen und Backen ist das neue Ausgehen und Alkohol wird zum treuen Begleiter in der Krise. Corona-Pfunde lassen unser Gewicht nach oben schnellen.

Laut dem Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK wurde zwischen Ende Februar und Ende März rund ein Drittel mehr Wein verkauft als im gleichen Zeitraum 2019. Ähnlich stark legte der Genuss von Gin und Korn zu. Beim Bier betrug die Steigerung laut GfK 11,5 Prozent.

Kein Wunder, das zusätzliche Coronapfunde drohen. Für Deutschland liegen noch keine aktuellen Zahlen vor, aber in Frankreich gaben bei einer Befragung des Meinungsforschungsinstitut Ifop 58 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer an, dass Corona auch zu einer Krise auf der Waage führt. Im Schnitt stieg das Gewicht bei Frauen um 2,3 Kilo. Männer legten 2,7 Kilo zu.

Doch unser neuer Lebensstil verbraucht nicht nur weniger Energie und führt gleichzeitig mehr Kalorien zu. Auch die Darmflora wird in Mitleidenschaft gezogen. Und das erschwert dann die Rückkehr zum alten Wohlfühlgewicht. Wenn Sie Ihr Mikrobiom aber ins Fitnessprogramm einbeziehen, schmelzen die Pfunde schneller.

Gestörte Darmflora fördert Corona-Pfunde

Mitte der 2000er Jahre kam erstmals der Verdacht auf, dass es – neben weniger essen und mehr bewegen – noch weitere Einflussfaktoren geben muss, die an unserer Gewichtsschraube drehen. Ein US-amerikanisches Forscherteam stellte fest, dass es tatsächlich deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Darmflora zwischen guten und schlechten „Futterverwertern“ gibt. Das konnte man sowohl im Tierversuch als auch beim Menschen zweifelsfrei nachweisen. Bei Übergewicht gerät das Verhältnis der beiden dominierenden Bakterienstämme Bacteroidetes und Firmicutes in Schieflage.

Daneben besitzen Menschen mit Gewichtsproblemen meistens auch eine zu geringe Vielfalt der Darmflora, das heißt die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft ist eintönig. Und ihnen fehlen zahlreiche gewichtsregulierende Bakterien oder diese sind unterrepräsentiert. Bei vielen Übergewichtigen besteht ein Mangel an Bifidobakterien im Darm und auch Keime mit so schönen Namen wie „Faecalbacterium prausnitzii“ oder „Akkermansia muciniphilia“ fehlen. Aktuelle Studien konnten Verbindungen herstellen zwischen einer hohen Zahl dieser Bakterien und einem geringen Körpergewicht, einem niedrigeren Körperfettanteil, einem geringeren Risiko für Zuckerkrankheit und metabolischem Syndrom.

Der Mikrobenmix entscheidet nämlich mit, wie gut oder schlecht wir unser Essen ausnutzen und wie viele Kalorien und Nährstoffe aus der Nahrung gezogen werden. Überschüssige Energie wird dann in Fettdepots an Bauch, Po und Hüften abgelagert.

Doch was hat Corona mit unserer Darmflora zu tun? Eine ganze Menge!

Wir achten verstärkt auf Hygiene

Schutzmaßnahmen sind derzeit wichtig und sinnvoll. Doch Hände waschen oder desinfizieren, Mundschutz tragen, niemanden umarmen oder gar küssen – social distancing ist auch microbial distancing. Corona sorgt dafür, dass der natürliche, gesunde Keimkontakt massiv zurückgeht. Möglicherweise werden derzeit auch – obwohl gegen Viren gar nicht hilfreich – mehr Antibiotika eingesetzt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im März 2020 26 Prozent mehr Antibiotika produziert (und wahrscheinlich auch eingenommen) als im März 2019 und 11 Prozent mehr als im Februar diesen Jahres. Zahlreiche Studien belegen inzwischen sehr gut den Zusammenhang zwischen Antibiotikaeinnahme und Gewichtszunahme. Denn sowohl die (notwendigen) Hygienemaßnahmen, als auch die (nicht immer notwendigen) Antibiotikagaben führen auf Dauer zu einem Verlust des Artenreichtums im Darm. Diese Vielfalt ist jedoch wichtig, um den Corona-Pfunde n Paroli zu bieten.

Was können Sie gegen Corona-Pfunde tun? Stärken Sie Ihre Darmflora durch eine darmfreundliche Ernährung mit vielen präbiotischen Ballaststoffen und probiotischen Bakterien. Präbiotika sind u.a. enthalten in Zwiebeln, Lauchgemüse, Spargel, Haferflocken und Leinsamen. Probiotika liefern Kefir, Joghurt und Sauerkraut. Auch ein gutes Nahrungsergänzungsmittel mit einer ausreichend hohen Bakterienzahl (so um 15 bis 20 Mrd. Bakterien pro Tagesportion) stärkt in keimarmen Zeiten die Darmflora.

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Wir bewegen uns weniger

Bewegung hat zahlreiche positive Auswirkungen auf Gewicht und Gesundheit. Für einen Teil dieser Effekte ist eine Veränderung der Darmflora, die durch einen aktiven Lebensstil gefördert wird, verantwortlich. Offensichtlich ist es Darmbakterien nämlich nicht egal, ob wir sitzen oder schwitzen. Doch unser Mikrobiom ist genügsam. Verausgaben müssen Sie sich deshalb nicht, schon regelmäßiges schnelles Gehen setzt positive Impulse. In Studien fand man heraus, dass es deutliche Darmfloradifferenzen gibt zwischen Frauen, die sich weniger als 1,5 Stunden pro Woche bewegen, verglichen mit Geschlechtsgenossinnen, die mindestens 3 Stunden pro Woche aktiv sind.

Letztere wiesen deutlich mehr gesundheitsfördernde Bakterienarten wie Bifidobakterien, Faecalibacterium prausnitzii oder Akkermansia muciniphila auf. Wie lange dauert es, bis Sport das Mikrobiom auf schlank programmiert? Maximal 6 Wochen. Nach dieser Zeit hatte sich die Darmflora vielsitzender Büromitarbeiter in einer anderen Studie messbar verbessert und die schlankmacher Bakterien vermehrten sich nach dem Workout. Schon drei Bewegungseinheiten von rund 45 Minuten reichten für diese Veränderungen aus.

Was können Sie gegen Corona-Pfunde tun? Runter von der Couch und raus in die Natur. Sie müssen keine Höchstleistungen vollbringen, aber täglich dreißig Minuten flott Spazierengehen hilft Ihrer Darmflora dabei, Sie schlank zu halten. 

Studien zeigen, dass die modernen Fitnesstracker tatsächlich geeignet sind, zu mehr Bewegung zu motivieren. Lohnt sich auf jeden Fall im Kampf gegen die Pfunde.

Wir essen anders

In Krisenzeiten und in Stresssituationen verlangt unser Körper nicht nach Möhre und Mango, sondern nach Burger und Bratwurst, Süßteilchen und Schokolade. Diese fettigen und zuckrigen Gerichte können nämlich – zumindest vorübergehend – unsere Stimmung aufhellen und Frust und Langeweile vertreiben. Nur die Darmbakterien werden dadurch trübselig. Die typische westliche Ernährung macht ihnen den Gar aus, die Vielfalt leidet und Keime, die durch bessere Kalorienausnutzung und Entzündungsreaktionen Pfunde auf die Hüften packen, vermehren sich rasch.

Was können Sie gegen Corona-Pfunde tun? Kochen Sie selbst, dann wissen Sie, was auf den Teller kommt. Mit vielen Ballaststoffen aus Gemüse, Vollkorngetreide und Obst machen Sie Ihre Darmflora glücklich und die Kalorien auf dem Teller halten sich in Grenzen.

Und was ist mit Genussmitteln

Wenn wir schon nicht weggehen dürfen, machen wir es uns zu Hause gemütlicher. Wir trinken mehr Alkohol, gönnen uns im Homeoffice die dritte Tasse Kaffee und Schokolade ist immer griffbereit. Gut oder schlecht?

Kaffee ist super für das Mikrobiom, vor allem schwarz genossen. Deutsche Wissenschaftler fanden heraus, dass sich zum Beispiel schlankmachende Bacteroidetes bei Kaffeetrinkern munter vermehrten.

Alkohol liefert viele leere Kalorien, aber ab und zu ein Gläschen Rotwein schadet – zumindest der Darmflora – nicht. So durften zehn gesunde Personen im Dienst der Wissenschaft jeweils 20 Tage entweder täglich einen Viertelliter Rotwein oder die gleiche Menge eines alkoholfreien Getränks mit Traubeninhaltsstoffen oder 100 Milliliter Gin trinken. Vor und nach jeder „Trinkphase“ mussten sie eine Stuhlprobe abgeben. Das Ergebnis: Bei (mäßigem) Rotweingenuss, nicht ganz so stark bei Traubensaft, ließen sich positive Veränderungen der Darmflora feststellen. Andere Studien zeigen aber, dass regelmäßiger und ausgedehnter Alkoholgenuss zu tiefgreifenden Störungen des Mikrobioms führen kann und die Darmflora auf Dauer schädigen kann. Hier gilt es also Maß zu halten.

Schokolade ist Stresspuffer und Trostspender. Verantwortlich dafür ist die Aminosäure Tryptophan, die in Kakao enthalten ist und für die Produktion des Glückshormons Serotonin benötigt wird. Zucker sorgt dafür, dass Tryptophan leichter ins Gehirn strömen kann. Aber (dunkle) Schokolade mit einem möglichst hohen Kakaoanteil schmeckt auch unseren Darmkeimen. Bifidobakterien und Laktobazillen gedeihen prächtig mit dem braunen Zeug, während unerwünschte Keime bei regelmäßigem Schokogenuss abnehmen.

Was können Sie gegen Corona-Pfunde tun? Kaffee, Rotwein, Schokolade, aber auch grüner und schwarzer Tee, Beeren, farbiges Gemüse und Obst liefern wertvolle Polyphenole. Diese Pflanzenstoffe sind es, die unser Mikrobiom in eine schlanke Richtung programmieren. Genussmittel, die auch viele Polyphenole liefern, sind deshalb in Maßen für unsere Darmflora ok, aber den größten Teil der darmfreundlichen Pflanzenstoffe sollten Sie aus kalorienärmeren Nahrungsmitteln wie Tee, Kaffee, Gemüse und Obst aufnehmen.

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Quellen

Bressa C, Bailén-Andrino M, Pérez-Santiago J, et al. (2017) Differences in gut microbiota profile between women with active lifestyle and sedentary women. PLoS One. 12(2):e0171352. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5302835/

Engen PA, Green SJ, Voigt RM et al. (2015) The Gastrointestinal Microbiome: Alcohol Effects on the Composition of Intestinal Microbiota. Alcohol Res. 37(2):223-36. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4590619/