Aktuelles Darmgesundheit

Polyphenole und ihre Auswirkung auf die Darmflora

Die meisten Schutzstoffe, die wir in Obst und Gemüse oder auch in so leckeren Sachen wie Beeren, Kaffee oder dunkler Schokolade, Espresso, Fruchtsäften oder Rotwein finden, gehören zur Gruppe der so genannten Polyphenole. Sie sorgen für deren Farbe, Geschmack und Geruch. Zahlreiche Studien konnten belegen, dass diese sekundären Pflanzenstoffe Alterungsvorgänge verzögern und Arterienverkalkung und Zuckerkrankheit ebenso verhindern wie Falten und Osteoporose. Interessant ist aber, dass Polyphenole auch die Darmflora günstig beeinflussen und „sanieren“ können.

Das besondere Verhältnis zwischen unseren Darmkeimen und diesen speziellen Pflanzenstoffen beruht offensichtlich auf Gegenseitigkeit, denn mehr als 90 Prozent der aufgenommenen Polyphenole können in oberen Darmabschnitten nicht verdaut werden. Sie werden erst im Dickdarm mit Unterstützung der Darmflora für unseren Organismus verwertbar gemacht. Nur, wer über eine gesunde und intakte Darmflora verfügt, kann deshalb auch die Schutzstoffe optimal nutzen.

Polyphenole tun den Darmbakterien gut

Doch glücklicherweise ist die Beziehung zwischen Polyphenolen und Mikrobiom keine Einbahnstraße. Wenn wir regelmäßig die Darmflora mit Polyphenolen und anderen präbiotischen Nahrungsbestandteilen füttern, dann verändert sie sich langsam, aber stetig in eine positive Richtung. Denn diese gesunden Pflanzenstoffe geben unseren Darmbakterien wichtige Impulse für ihre Entwicklung. Polyphenole fördern das Wachstum erwünschter Keime und hemmen gleichzeitig die Entwicklung schädlicher Mikroorganismen.

Welcher Keim braucht was?

Zahlreiche Studien haben untersucht, mit welchen Polyphenolen bzw. Nahrungsbestandteilen sich das Mikrobiom gezielt beeinflussen lässt. Erstaunlich ist die Tatsache, dass die verschiedene Pflanzenstoffe ganz unterschiedliche Bakterienstämme fördern oder andere – meistens unerwünschte Mikroorganismen – in ihrem Wachstum auch hemmen können. Das funktioniert, weil die meisten gesundheitsförderlichen Keime für ihre Entwicklung auf die Verstoffwechslung von Polyphenolen und präbiotischen Ballaststoffen angewiesen sind. Die eher unerwünschten Fäulnis- und Entzündungskeime können diese nicht verarbeiten und werden durch die „gesunden“ Bakterien verdrängt. Zudem scheinen manche Abbauprodukte von Polyphenolen auch direkt das Wachstum einiger Mikroorganismen zu behindern. 

Polyphenole und Nahrungsmittel, die gesunde Keime gezielt fördern können

Durch unseren Lebensstil, nach Medikamenteneinnahme und durch unsere Ernährung kann die Zahl gesundheitsförderlicher Bakterien absinken. In dieser Liste finden Sie die (polyphenolhaltigen) Nahrungsmittel, mit denen sich das Wachstum nützlicher Mikroorganismen gezielt fördern lässt

Bifidobakterien werden in ihrem Wachstum gefördert durch: Grünen Tee, Extrakte aus Grapefruit-Kernen, Vollkornprodukte, Kaffee, Isoflavone (= Phytoöstrogene z.B. aus Soja oder Leinsamen), Kakao, dunkle Schokolade, Blaubeeren, Rotwein (1 Glas tgl), Apfelsaft, Inulin, Akazienfasern

Milchsäurebakterien werden in ihrem Wachstum gefördert durch: Vollkornprodukte, Äpfel (2 Stck. tgl.), Kakao, dunkle Schokolade, Blaubeeren, fermentierte Milchprodukte, Apfelsaft, Traubensaft

Enterokokken werden in ihrem Wachstum gefördert durch: Isoflavone (= Phytoöstrogene z.B. aus Soja oder Leinsamen), Äpfel (2 Stck. tgl.), Rotwein (1 Glas tgl.), Traubensaft

Faecalbakterium prausnitzii werden in ihrem Wachstum gefördert durch: Isoflavone (= Phytoöstrogene z.B. aus Soja oder Leinsamen), resistente Stärke (in abgekühlten stärkehaltigen Nahrungsmitteln wie Nudeln, Reis, Kartoffel), Rotwein (1 Glas tgl.), Inulin

Prevotella werden in ihrem Wachstum gefördert durch: Haferflocken, Kleie, Roggen, Rotwein (1 Glas tgl.)

Bacteroidetes werden in ihrem Wachstum gefördert durch: Rotwein (1 Glas tgl.), Äpfel, Omega-3-Fettsäuren (Fisch, Leinöl, Rapsöl), Haferflocken, Kaffee, grüner Tee, schwarzer Tee

Akkermansia muciniphilia werden in ihrem Wachstum gefördert durch: Cranberrys, Cranberrysaft, dunkler Traubensaft, Trauben, Omega-3-Fettsäuren (Fisch, Leinöl, Rapsöl), resistente Stärke

Nahrungsmittel, die unerwünschte Keime gezielt reduzieren können

Durch unseren Lebensstil, nach Medikamenteneinnahme und durch unsere Ernährung kann die Zahl unerwünschter, pathogener Bakterien zunehmen. In dieser Liste finden Sie die (polyphenolhaltigen) Nahrungsmittel, mit denen sich das Wachstum potentiell schädlicher Mikroorganismen gezielt bremsen lässt.

Clostridien werden in ihrem Wachstum eingeschränkt durch: grünen Tee, Äpfel (2 Stck. tgl.), Kakao, dunkle Schokolade, Rotwein (1 Glas tgl)

Firmicutes: grüner Tee, schwarzer Tee

Pseudomonas werden in ihrem Wachstum eingeschränkt durch: Äpfel (2 Stck. tgl.), Oregano

Klebsiellen: Oregano

E. coli: Oregano

Enterobacter: Oregano

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Polyphenole werden erst durch den Kontakt mit Darmbakterien für uns verwertbar
  • Die Darmflora profitiert von einer polyphenolreichen Ernährung
  • Studien konnten nachweisen, dass bestimmte Poylphenole sich auf manche Bakterien wachstumsfördernd, auf andere hemmend auswirken können. Dadurch lässt sich eine gestörte Darmflora oft – am besten in Kombination mit einem Synbiotikum – regenerieren
  • Besonders viele Polyphenole enthalten Grünkohl, Brokkoli, frische Beeren und Vollkornweizen(mehl).
  • Auch Trauben, Kirschen, Äpfel und Birnen liefern mit 200 bis 300 mg Polyphenole je 100 Gramm Früchte eine ganz ordentliche Menge.
  • Bei den Getränken liegen grüner und schwarzer Tee, dunkel Beerensäfte, Rotwein, dunkles Bier (z.B. Guinness) und Kaffee weit vorne.
  • Einen hohen Schutzstoffgehalt findet man in Obstschalen und den Randschichten von Gemüse – deshalb möglichst mit Schale essen oder nur sehr dünn abschälen.
  • Polyphenole sind – anders als viele Vitamine – nicht hitzeempfindlich. Kochen macht ihnen also nichts aus und manche Inhaltsstoffe, wie die von Tomaten, werden dadurch für den Körper besser verwertbar.

Quellen:

Clavel TH, Fallani M et al. (2005) Isoflavones and Functional Foods Alter the Dominant Intestinal Microbiota in Postmenopausal Women. J Nutr. 135 (12):2786–2792 https://academic.oup.com/jn/article/135/12/2786/4669916

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Queipo-Ortuño, M. I. et al. (2012). Influence of red wine polyphenols and ethanol on the gut microbiota ecology and biochemical biomarkers. Am. J. Clin. Nutr. 95, 1323–1334 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22552027

Tzounis, X et al (2011). Prebiotic evaluation of cocoa-derived flavanols in healthy humans by using a randomized, controlled, double-blind, crossover intervention study. Am. J. Clin. Nutr. 93, 62–72 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21068351

Chaudhry NMA et al. (2007) Antibacterial effects of oregano (origanum vulgare) against gram negative bacilli. Pak. J. Bot., 39((2): 609-613

http://www.pakbs.org/pjbot/PDFs/39(2)/PJB39(2)609.pdf Henning S, Yang J (2018) Decaffeinated green and black tea polyphenols decrease weight gain and alter microbiome populations and function in diet-induced obese mice. Eur J Nutr (2018) 57: 2759 https://link.springer.com/article/10.1007/s00394-017-1542-8#citeas